Resümee nach 3 Monaten einmal quer durch Brasilien

Unsere Reportagen und damit die Zeit in Brasilien sind zu Ende. Wir verlassen das Hotel Sol Victoria Marina an einem Sonntag Morgen mit Sonnenschein. Die letzten beiden Tage regnete es und so blieben uns die Aufnahmen des Pelourinho am frühen Morgen versagt. Antonio ist heute unser Taxifahrer und da zum Glück nicht viel los ist auf den Strassen, sind wir schon in einer dreiviertel Stunde am Flughafen Luis Magalhaes von Salvador da Bahia. Kontraste auch hier, einerseits reihen sich die modernen Apartmenttürme der Oberschicht entlang der Strasse. Auf der anderen Seite drängen sich die baufälligen Häuser der Favelas den Hügel hinauf. Arm und Reich Angesicht in Angesicht, fein säuberlich getrennt durch die neue Schnellstrasse. Wir checken früh ein und sind bei den ersten Passagieren des Azul Fluges nach Guarulhos, Sao Paulo. Selten waren wir so erleichtert über eine Abreise.

Auch unseren letzten Brasilien-Inlandsflug buchten wir bei AZUL. Der Flug von Brasilia nach Salvador war zwar zum Abhaken und das Buchen des Fluges nach Sao Paulo dieses Mal sehr chaotisch, aber zumindest klappt heute alles von Gepäckaufgabe bis zum Flugverlauf und Pünktlichkeit. Um 15:15 Uhr landen wir auf dem Internationalen Flughafen von Guarulhos in Sao Paulo. Beim Anflug auf die grösste Stadt Brasiliens wird das Ausmaß dieses Beton-Molochs von knapp 20 Millionen Einwohnern fassbar. Das ist die Bevölkerung Portugals mal zwei. Sao Paulo ist das Finanz- und Wirtschaftszentrum Brasiliens. Hier wird das Geld verdient, das die anderen Staaten ausgeben. Ein Shuttlebus bringt uns zum Hotel Monreale, das 15 Minuten vom Flughafen entfernt liegt. Es ist ein einfaches aber durchaus empfehlenswertes Hotel mit einem passablen Restaurant und guten Frühstücksbuffet. Jedenfalls um Längen besser als unsere letzte Erfahrung in Salvador. Dieses 3-Sterne-Haus schlägt die angeblichen 4-Sterne-Hotels in Hygiene, Service und Freundlichkeit des Personals. Überhaupt scheint in Sao Paulo alles professioneller. Hier funktioniert alles vom Taxiservice bis zu den Dienstleistungsangeboten. Nicht umsonst ist Sao Paulo der Motor Brasiliens. Wir haben also noch eine Nacht, um all unser Gepäck zu organisieren, bevor es am 02.09. mit Lufthansa zurück nach Deutschland geht.

 

Das Fazit dieser Reise:

Brasilien hat noch viele steinige Wege vor sich. Was die WM angeht, so sehe ich noch ein grosses Fragezeichen im Hinblick auf Organisation, Sicherheit und Sprachkompetenz im Umgang mit ausländischen Gästen. Viele Stadien sind noch nicht fertig und werden wohl auch erst auf den letzten Drücker bereit sein. Die Qualifikationen der Einsatzkräfte wie Reiseführer, Stadionlotsen oder Taxifahrer mit Englischkursen beginnen erst jetzt langsam anzulaufen. Ob die kurze Zeitspanne ausreicht?! Bezogen auf unsere individuellen Reiseziele landet das Pantanal in unserer persönlichen Werteskala auf Platz 1. Der zweite Platz geht an Foz do Iguacu, das ausgezeichnet auf Touristen vorbereitet ist. Porto Alegre und Brasilia haben sicher noch viele Schwachpunkte im Hinblick auf internationalen Tourismus und Bahia ist für uns das ultimative Schlusslicht. Dieser Staat ist in keiner Hinsicht auf das weltgrösste Sportereignis vorbereitet. Dies sind subjektive Meinungen aufgrund der langjährigen Kenntnis Brasiliens und aufgrund der aktuellen Erfahrungen und Eindrücke in diesen letzten 3 Monaten. Viele mögen mit uns übereinstimmen, andere widersprechen womöglich und machten ganz andere Erfahrungen. Dennoch: Brasilien hat die letzten 10-15 Jahre  zwar an Wirtschaftskraft zugelegt, doch einmal mehr die Chance verpasst, in grundlegende Strukturreformen zu investieren. Bildung, Gesundheitswesen und Justiz sind die grössten Schwachpunkte und auch jene, die die  heutigen Manifestanten anprangern. Es bleibt abzuwarten, ob die Milliardeninvestitionen in Fussballstadien und Megaprojekte rund um die WM dem Land einen gesellschaftlichen Fortschritt bringen oder ob die Gelder im diffusen Propagandanebel verpuffen...